Festungskanonier Jörg Höfer

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Der Preuße vom Ehrenbreitstein - Hauptberuflicher Festungskanonier im Porträt – Hobby zum Beruf gemacht – Großes Interesse an Militärgeschichte

Festungskanonier Jörg Höfer (c) Nina Borowski 2011
Festungskanonier Jörg Höfer (c) Nina Borowski 2011

Von Nina Borowski

 

Koblenz. Verwundert und neugierig bleiben Buga-Besucher stehen. An den Menschenmassen auf der Festung Ehrenbreitstein vorbei geht ein Mann in blauer Uniform. Genauer: in einer Uniform der königlich-preußischen Armee aus dem Jahr 1900. Jörg Höfer ist Festungskanonier und für das Böllerschießen und die Vorführung historischer Waffen auf der Festung verantwortlich. Das macht der 53-Jährige hauptberuflich – der gelernte Schriftenmacher hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

Angefangen hat alles im Jahr 2004, als Höfer freier Mitarbeiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe wurde – des Hausherren der Festung. Er war für den Kanonier-Job wie geschaffen. Der passionierte Sportschütze brachte einen großen Erfahrungsschatz und darüber hinaus ein großes privates Interesse an historischen Waffen mit. Während seiner eigenen Militärzeit hat er das Schießen von der Pike auf gelernt: „Ich bin ehemaliger Reservist der Bundeswehr und unter anderem ein ausgebildeter Scharfschütze. Was ich hier vorführe, beherrsche ich auch.“

Das große Interesse an Waffen und Militärgeschichte begann bereits in der Kindheit. „Das erste Buch, das ich lesen konnte, waren rheinische Sagen über all die Burgen hier bei uns in der Region. Ich habe das aufgenommen wie ein Schwamm“, sagt Jörg Höfer. Lachend erklärt er: „Ich kann mir nicht den Luxus leisten, einen Roman zu lesen. Ich lese militärgeschichtliche Werke, um mich dann auch immer weiterzubilden. Dadurch kommt dann auch dieses Wissen zustande.“ Bei seiner Arbeit ist es ihm wichtig, den Zuschauer anzusprechen und ihm nicht nur trockene Daten und Fakten zu vermitteln. „Die Anekdoten und kuriosen Dinge sind das, was die Leute wissen wollen“, erzählt Höfer.

Im Rahmen der Bundesgartenschau hat Höfer ein eigenes Konzept entwickelt und das Böllerschießen um eine Führung im Waffenrock und die Büchsenmacherwerkstatt erweitert. Bei den Führungen im Waffenrock kann man sich die Geschichte der Festung aus preußischer Sicht erklären lassen. Während dieser Führungen geht Höfer völlig in seiner Rolle auf und macht eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert. „Ich stelle einen Soldaten dar, aber ich brauche ihn nicht zu spielen, weil ich es selbst bin.“ Wegen seines historischen Interesses weiß er, wie die Menschen früher gelebt und gedacht haben: „Ich denke stellenweise selbst so.“ In seiner Uniform wirkt Höfer tatsächlich wie ein Mitglied der preußischen Armee.

In der Büchsenmacherwerkstatt werden historische Waffen vorgeführt. Die Zuschauer erfahren außerdem, woher die Sprichwörter „Ich habe Lunte gerochen“ und „Nichts auf der Pfanne haben“ kommen. Diese Vorführungen finden bei Jung und Alt Anklang.

Das sonntägliche Böllerschießen gehört nach wie vor zu den Höhepunkten. „Jedes Böllerschießen ist so, als würde ich es zum ersten Mal machen. Man darf niemals Routine reinkommen lassen“, erklärt der Hobbyschütze.

Das Vermitteln einer untergegangenen Zeit liegt dem 53-Jährigen am Herzen. „Und zwar deren Werte, deren Freuden und deren Leiden. Ich möchte, dass die Leute nach Hause gehen und sagen: Aha, da haben wir was gelernt. Das Wichtigste ist für mich, dass Kinder und Jugendliche anfangen zu denken und die Dinge hinterfragen.“ Seine Arbeit für ihn ist mehr als ein bloßer Job – sie ist „Hobby und Herausforderung zugleich“, sagt Höfer, der letzte Preuße vom Ehrenbreitstein.

 

Erschienen in der Allgemeinen Zeitung

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